Verkehr + unvorhergesehene Telefonkonferenz = Arbeitssitzung Bonn (-). Schade. Die Upside der Downside: Ich habe Zeit, kurz auf den heute veröffentlichten Diskussionsentwurf des Bundeskartellamts zu Inlandsauswirkungen in der Fusionskontrolle [PDF] hinzuweisen.
Wie absurd dieses Thema sein kann, zeigt folgendes Zitat im Kontext EU:
It could be considered to limit the jurisdiction for concentrations that do not have any effect in the EEA, such as the creation of a full-function joint-venture located and operating outside the EEA and that would not have any conceivable impact on markets in the EEA.
Dies ist eine der Fragen, denen die EU-Kommission sich im Sommer konsultationshalber gestellt hat. Die Kommission bejaht ihre Zuständigkeit immer dann, wenn die Schwellenwerte der FKVO erfüllt sind. Allen Ernstes: Man betrachtet es als frag-würdig, ob die Fusionskontrolle, die dem Schutz von Märkten dient, auf Auslandssachverhalte, die Märkten schaden können, beschränkt werden müsste.
Nach deutschem Recht ist dies (etwas) anders. Wie Sie wissen, eröffnet § 130 Abs. 2 GWB die Zuständigkeit des Bundeskartellamts nur für Sachverhalte mit Inlandsbezug. In dem großen Kreis der Transaktionen, die nach Größe und Struktur unter die GWB-Fusionskontrolle fallen können, gibt es daher einen kleineren Kreis, der diese Fusionskontrolle überhaupt erst anwendbar macht.
Nun ist es aber so: Wenn Sie ein Unternehmen sind und sich nicht sicher sein können, ob § 130 Abs. 2 GWB greift oder nicht, was tun Sie dann? Nicht zwingend, aber wahrscheinlich melden Sie an, um Rechtsunsicherheit zu vermeiden. Und nicht zwingend, aber wahrscheinlich wird das Bundeskartellamt Ihre Anmeldung prüfen, Ihnen eine Freigabe faxen und Sie zur Bezahlung der Anmeldegebühr anhalten. (Was es kann, wenn es seine Zuständigkeit bejaht – anderes Thema.) Man hat sich arrangiert, aber befriedigend ist dies nicht. Erst recht nicht, wenn man hervorgehobenes Mitglied des ICN ist, das seinerseits bestimmte Mindestanforderungen [PDF] an den territorialen Zugriff von Fusionskontrolle stellt.
Das BKartA hat sein neues Merkblatt zu Inlandsauswirkungen in Entwurfsform heute veröffentlicht. Es kann bis zum 30. Januar 2014 kommentiert werden. (Hoffentlich werden die Stellungnahmen veröffentlicht, wie einige der Papiere zum Entwurf des Leitfadens zur Marktbeherrschung). Die finale Neufassung wird dann ein (seit Jahren “in Bearbeitung” befindlich gewesenes) Merkblatt aus dem Jahr 1999 [PDF] ablösen, das § 130 Abs. 2 GWB so weit ausgelegt hat, dass die Bestimmung praktisch funktionslos war. Hierbei soll das neue Merkblatt
Unternehmen und deren Beratern bei der Einschätzung helfen, ob ein Zusammenschlussvorhaben das Kriterium der ausreichenden Inlandsauswirkungen erfüllt.
Wird das neue Merkblatt Klarheit bringen? Die GWB-Fusionskontrolle von der EU insoweit nicht nur nach Anspruch, sondern auch und vor allem in der Praxis deutlich absetzen können? Dazu hier nicht mehr. Denn um den Entwurf wird sich dankenswerterweise ein Gastkommentar kümmern, auf den ich mich schon jetzt freue.